Mutter-Kind-Kur 2021 an der Ostsee

„Eine Mutter-Kind-Kur wäre genau das richtige für dich!“ Diesen Satz hörte ich Anfang 2020 öfter, als der erste Corona-Lockdown die Nerven innerhalb der Familie strapazierte. 

Mir ging es in dieser Zeit tatsächlich nicht gut, denn ich konnte mit Kleinkind im Nacken einfach nicht arbeiten. Es mangelte an Konzentration, sobald Lilli in der Nähe war. Meine Arbeitszeit verlagerte ich teilweise auf die Nacht, um tagsüber die Zeit mit Lilli im Garten zu verbringen. Papa konnte ja zum Glück noch weiterhin auf die Baustellen fahren, sodass etwas Geld rein kam. Trotzdem lagen die Nerven schon zum Beginn der Pandemie blank.

Ich vereinbarte also einen Beratungstermin bei meinem Hausarzt. Dieser zögerte nicht und füllte mit mir gemeinsam direkt den Antrag für die Krankenkasse für eine Vorsorgemaßnahme aus. Er schrieb alles rein, was mich gesundheitlich belastet: Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Übergewicht, Knochen- und Gelenkbeschwerden, Schilddrüsenproblematik, operativ behobener Herzfehler, … . Zusätzlich schrieben wir in den Antrag, dass ich die Kur gern am Meer verbringen möchte und dass ich mir die Klinik selbst wählen möchte. Die Krankenkasse willigte ein und sendete mir innerhalb weniger Wochen die Zusage.

Wo soll es hingehen?

Nun ging die Suche los, denn ich hatte nur ein Ziel: die Ostsee! Nach längerem Suchen und lesen von Erfahrungsberichten haben wir uns dann schließlich für die Johannesbad Fachklinik Klaus Störtebeker Ostseestrand entschieden, denn diese befindet sich auf Usedom, direkt einen Ort weiter, wo wir gern in den Urlaub fahren. Das muss einfach gut werden. Wir bekamen eine Liste mit Dingen, die wir mitbringen sollen. Auf Grund der Pandemie sind die Räume zur Freizeitgestaltung leider nicht zugänglich, sodass wir unseren Kindern bitte genügend Spielzeug mitbringen sollen. Außerdem benötigen wir Sportsachen für drinnen und draußen.

Um es an dieser Stelle abzukürzen: Wir hatten zum Schluss 3 Reisetaschen, eine riesengroße Einkaufstasche voller Spielzeug und eine riesengroße Einkaufstasche voller Schuhe: Turnschuhe, warme Schuhe, Ersatzschuhe, Hausschuhe, Gummistiefel… Und natürlich der Verpflegung für die Fahrt. Es fühle sich an, als wollen wir umziehen. Am Abend vor der Fahrt haben wir den Kofferraum schon mit den meisten Taschen befüllt. Vor der Fahrt selbst hatte ich schon Respekt. Schließlich bin ich alleine noch nie so eine lange Strecke gefahren. Meist fährt ja der Papa und Mama kann schlafen 😉 Ich fuhr also 9 Uhr los, da wir um 16 Uhr in der Klinik sein sollten. Ich habe 6 Stunden fahrt plus ggf. Stau und Wartezeiten mit eingerechnet. Man kam dort in eine Art Erstkontakt-Raum, in dem alle medizinischen Dokumente geprüft wurden. Selbstverständlich durften wir nur mit negativem Test anreisen. Die Autobahnen waren Corona bedingt überraschend leer, sodass wir 14 Uhr schon auf Usedom ankamen. Zum Glück konnten wir auch eher in die Klinik und hatten so von unserem ersten Tag noch etwas. Nachdem wir alles auf unserem Zimmer hatten, ging es direkt vor an Wasser. Wir hatten nur ca. 10 Minuten zu Fuß, dann sagen wir schon das Meer. ♥

Während der Kur - Therapieplan

Für Mama hieß es nun: Therapie bis es besser wird.

Ich hatte am ersten Tag noch ein telefonisches Gespräch mit dem Arzt, welcher auf meine Bedürfnisse einen Therapieplan erstellte. Ich wollte mehr Bewegung und mentale Stärke aufbauen. Also Stand auf meinem Plan: Nordic Walking, Rückentraining, Autogenes Training und eine Therapie zur Selbstfürsorge. Bewusstsein und Achtsamkeit geht im Alltag so oft unter und es ist dennoch so wichtig, besser für sich selbst zu sorgen. Sich Auszeiten zu gönnen. Zeit für sich. Aufgaben abgeben und nach Hilfe fragen und diese auch annehmen, wenn man sie benötigt. Viele sind mit sich selbst zu nachlässig und denken an die ganze Familie, aber nicht mehr an eigene Bedürfnisse. Sich dies immer mal wieder vor Augen zu führen ist wichtig!

Zusätzlich hab es für den Rücken Wärmepackungen und Massagen mit eine HydroJet. Das ist eine Art Wasserbett, welches durch innen liegende Wasserdüsen den Rücken massiert. Man muss natürlich auf dem Rücken liegen 😉 Zusätzlich gab es für Mama noch eine Ernährungsberatung.

Nordic Walking habe ich dort zum ersten Mal ausprobiert. Das Tempo war zwar sehr schnell, aber vom Prinzip machte es echt viel Spaß. Ich habe dann direkt überlegt, es auch zu Hause fortzusetzen. Also habe ich online gleich nach Stöcken geschaut und mir diese nach Hause liefern lassen. An uns an nutze ich diese bei der morgendlichen Hunderunde, welche ich von ca. 2 km spazieren auf 4 km walken ausgedehnt habe.

Kindertherapie

Und das Kind? Lilli war während meinen Therapien in der Kinderbetretung im Club Piratenbande. Sie war dort in der Möwen-Gruppe und total stolz darauf! Aber es gab auch Therapien für Kind und Eltern. So hatten wir eine Entspannungstherapie und eine Bewegungstherapie für Lilli mit auf dem Plan. Die Entspannung ging bei Lilli jedoch leider nach hinten los. Mit einem anderen Kind machte sie während der Therapie so viel Quatsch, dass sie am Ende total aufgedreht war und man nicht mehr zu ihr durch dringen konnte. Zum Schluss endete dies bei Lilli mit einem Wutanfall. Bei der Bewegungstherapie war es ähnlich. Sodass ich eine Therapiesitzung zur Erziehungsberatung bekam. Man hat ja schon irgendwie seine Vorurteile, dass andere glauben, man käme mit seinem eigenen Kind nicht zurecht. Aber ich war positiv überrascht.

Bei der Erziehungsberatung wurde unsere aktuelle Situation analysiert und verschiedenen Seiten betrachten. Außerdem gab es gute Lösungsansätze, wie man einen Wutanfall vermeiden könne bzw. wie man diesen „ruhig“ beendet kann. Eine Art Ritual, bei dem man ggf. gemeinsam die Wut ganz bewusst und kontrolliert abbaut, kann dabei sehr hilfreich sein.

Es wurde in der Tat etwas besser. Es ist keine Wunderheilung oder -lösung, aber ich habe gelernt, mit solchen „Wut-Situationen“ besser umzugehen.

Klimatherapie

Wir lieben das Meer. Es hat uns mal wieder gerufen und wir sind dem Ruf gefolgt. Es verging in der Tat kein einziger Tag, an dem wir nicht am Strand waren. Es hatte zwischenzeitlich auch stark geschneit. Die Eiswelle rollte über ganz Deutschland, sodass wir sogar in den Genuss kamen, die Ostsee einmal zugefroren zu sehen. Es war ein beeindruckendes Naturschauspiel, welches ich so schnell nicht vergessen werde.

An einem Nachmittag hatten wir uns zwei anderen Mamas angeschlossen und sind zusammen nach Heringsdorf zur Seebrücke gefahren.

Das Naturschauspiel, was sich uns dort zeigte, raubte einem vor lauter Staunen fast den Raten. Soweit man am Ende der Brücke sehen konnte, war die Ostsee von einer Eisschicht bedeckt. Manchmal konnte man sogar die Wellen unter dem Eis sehen.

Das sorgte hin und wieder für ein leichtes Schwindelgefühl, da man dachte, dass sich der Boden unter den Füßen bewegt. Man hätte hunderte Fotos machen können.

Lilli hat am verschneiten Strand immer nach Anna und Elsa gerufen. Die sind nämlich rauf aufs Dunkelmeer geschwommen (insider). Wir waren wirklich jeden Tag am Wasser. Meist sind wir durch den Wald gelaufen und am Strand zurück . Wir sind täglich einige Kilometer gelaufen. Einmal sogar 8 km am Stück. Das war für Lilli sehr anstrengend, da wir zu Hause nicht so viel zu Fuß gehen (wollen wir aber ändern!). Einmal war es dort so kalt, dass das Kind glaubte, dass es (Zitat) „gefroren“ war.

Ostsee-Tradition: Ein Fischbrötchen ist Pflicht!

Und das gibt es bei mir immer von der Fischkiste in Zinnowitz. Kennt die jemand von euch zufällig? Dort gibt es so leckeren Fisch, dass ich jetzt beim Schreiben direkt wieder Appetit darauf bekomme 😀

Der letzte Tag mit den größten Sorgen

Es war der stressigste Tag in den ganzen drei Wochen. Oder eher der Tag, der den größten Schreck verursacht und am meisten aufgewühlt hat.

Wir Eltern hatten heute wieder Therapien und mein Tagesablauf schaute wir folgt aus:

    • Nordic Walking
    • Rückentraining
    • Mittagessen
    • Abschlussgespräch beim Arzt
    • Entspannung
    • Selbstfürsorge.

Vor dem Mittag rief die Kinderbetreuung bei mir an. Ich soll bitte mal rüber kommen, das Kind hatte wohl einen kleinen Unfall beim rodeln 🛷 Als ich bei Lilli ankam, war ich erschrocken. Klein war der Unfall nicht. Lilli ist bei einem größeren Mädchen mit gerodelt. Diese fuhren gegen einen Baum und Lilli schoss mit ihrem Gesicht mit voller Geschwindigkeit auf den Baum. Mein Kind sah aus, als hätte sie sich geprügelt Ein anderes Kind erzählte mir dann, dass Lilli so sehr geschrieben haben muss, dass sich alle anderen Kinder sehr erschrocken hatten. Ich mich auch! Die Stirn war dick. Eine Wange war stark aufgekratzt. Beides war zudem auch blau. Zusätzlich waren Ober- und Unterlippe aufgeplatzt und die Nase ebenfalls an zwei Stellen.

Die Schwestern in der Johannesbad Fachklinik Klaus Störtebeker Ostseestrand waren top ♥️ Sie haben sich ganz lieb um Lilli gekümmert, ihre Wunden gesäubert und uns Salben und etwas zum Kühlen mitgegeben. Der Arzt hatte bei meinem Abschlussgespräch Lillis Kopf noch mal auf neurologische Schäden geprüft und nach eventuellen Knochenbrüchen geschaut. Soweit war alles gut. Ich sollte sie beobachten und sie sollte sich etwas ausruhen. Lilli hatte nach dem Mittag geschlafen und durfte nach dem Mittagsschlaf bei ihrer neuen Freundin bleiben, damit ich meine Therapien am Nachmittag nicht absagen musste ♥️ Das war eine ganz liebe Geste! Lilli ging es am Abend soweit auch wieder gut. Aufgewühlt hatte es trotzdem sehr, sodass wir beide in dieser Nacht nicht richtig schlafen konnten. Vielleicht war es aber auch die Aufregung vor der Heimreise.

Fazit unserer Mutter-Kind-Kur
an der Ostsee

Der Kuraufenthalt war sehr schön. Ich habe sehr viele Impulse sammeln und Anregungen mit nach Hause nehmen können.

Ich habe anschließend meine Ernährung angepasst, mehr Bewegung in meinen Alltag integriert und versucht meine innere Ruhe zu finden. Diese suche ich zwar heute noch, aber ich lerne jeden Tag mit Stresssituationen besser umzugehen. Und die ersten Kilos sind tatsächlich schon runter.

Lilli und ich würden diese Kur sehr gern noch mal wiederholen. ♥

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